Hattinger Kreuz-Weg
2012
7 St.-Georgs-Kirchplatz
7 St.-Georgs-Kirchplatz

Hattinger Kreuz-Weg 2011
Impuls VII
Standort St.-Georgs-Kirchplatz

Mindestens 10 Meter steht es weg. Von der Kirche.
Zum Kreuz gehen alle auf Abstand.
Dass einer stirbt: nicht gut auszuhalten. Schon damals.
Die einzigen, die einigermaßen dabei blieben, waren einige Frauen.
Die Männer unter Jesu Jüngern hatten sich
am Karfreitag aus dem Staub gemacht.
Später aber waren es meist Männer,
die das Kreuz dann wieder ranholten, die es für die Kirche vereinnahmen wollten.
Sie machten es zum Siegzeichen.
Zum Machtsymbol in Kriegen, gegenüber fremden Kulturen.
Zum Disziplinierungsinstrument gegenüber zu Erziehenden.
Zum Symbol der Angst gegenüber minderjährigen Schutzbefohlenen.
Unter den so benutzten Kreuzen wurden Menschen missbraucht und haben gelitten.
Das orangefarbene Kreuz mit dem Knick steht anders da.
Hat eine andere Botschaft. Bezeugt eine andere Kirche.
Der senkrechte Balken steht leicht vor und wird so betont.
Holger Vockert, der Künstler, sieht in dieser Senkrechten die göttliche Linie.
Also das, was die Frauen bei Jesus am Kreuz erkannt haben - aber erst nach Ostern:
Im Kreuz kommt Gott selber unten, am Tiefpunkt dessen an,
was Menschen auf dieser Erde anrichten und was Menschen erleiden.
Sie haben im sterbenden Jesus Gott gesehen, der leidet.
Sieh hin: Im Knick, im Bruch des Längsbalkens
erkennst du Gott, der dir sein Angesicht zuneigt.
Der für dich da ist – gerade in den Brüchen und Tiefen deines Lebens.
Und gleichzeitig ist dies orangefarbene Kreuz auch das leere Kreuz.
Sieh hin: Der da hing, ist nicht im Tod geblieben.
Auferstehung!
Verloren hat nur der Tod.
Das Leben siegt.
Für dich. Für uns alle.
Wenn du von da aus – wie die Frauen am Ostermorgen - das Kreuz siehst, begreifst du:
Gott selbst hat den Looser-Part übernommen, damit wir leben können!
So stiftet das orangene Kreuz mit dem Knick dich und mich an zum Leben.
Und wir haben es nicht mehr nötig, andere zu Verlierern zu machen.
Ob der stark geneigte Turm von St.-Georg
das Zeichen ist, dass die Kirche dies – trotz
aller Irrtümer in ihrer Geschichte – verstanden hat?

Frank Bottenberg